Ob das gut geht? Ein Fitnesstraining für Senioren ganzjährig im Freien anzubieten?
Wen kann ich ansprechen und wie soll ich motivieren? Reichen meine theoretischen und praktischen Erfahrungen als Sportpädagoge aus, um im Hardtwald ein Fitnesstraining bei jedem Wetter ohne Ausweichmöglichkeit in eine Halle durchzuführen?
Viele Fragen, auf die es keine Antworten gab. Auch das Bemühen eine vergleichbare Gruppe für einen Erfahrungsaustausch zu finden, blieb erfolglos. Nach dem Motto „Frisch gewagt, ist halb gewonnen“ stellte ich einigen Freunden und Bekannten meinen Plan vor und startete am 4.11.1998 mit 4 Frauen und 3 Männern das erste Training im Hardtwald neben dem DJK-Sportplatz.
Im Sport ist nichts wichtiger als ein guter Start – und der glückte. Wir begannen zur
Aufwärmung mit einer Laufschulung, danach einer allgemeinen Gymnastik mit Ästen (Gymnastikstab) und einer 30minütigen Ausdauerbelastung (Gehen und Laufen im Wechsel).
Alle waren begeistert, obwohl – oder gerade deswegen – es kalt war und
zwischendurch regnete. Schlechtes Wetter ist für eine Trainingsteilnahme, wie sich
in den folgenden Jahren zeigte, kein Grund zum Fehlen. Keiner will den anderen „im
Regen stehen lassen“, also kommt man, wenn auch zunächst die Lust zum Trainieren nicht besonders groß ist. Nach dem Training ist man dafür besonders stolz, den
inneren Schweinehund besiegt zu haben.
Mit großem Eifer wurde für die Gruppe geworben, so dass innerhalb kürzester Zeit
die Teilnehmerzahl auf 15 Personen wuchs. Heute nach 10 Jahren zählt die Gruppe
27 Teilnehmer (14 Frauen, 13 Männer). Das Durchschnittsalter beträgt 72 Jahre.
Vier Teilnehmer haben inzwischen mit beeindruckender Fitness das 9. Lebensjahrzehnt erreicht.
Obwohl wir für die Gruppe nicht mehr werben, werde ich immer wieder auf das
Fitnesstraining im Freien angesprochen. Selbst unser Sportbürgermeister, Herr Denecken, zeigte Interesse an unserer Gruppe. Er meinte: „Wenn ich nicht barfuß
durch den Wald rennen und kein Gras fressen muss, melde ich mich nach meiner
Pensionierung bei euch an“.
Ich konnte ihm versprechen, dass wir keine engstirnigen Gesundheits- und Naturapostel sind, die eine Idee gleich zu einer Weltanschauung machen. Unsere Hauptziele und deren Realisierung bestehen in der Förderung der Gesundheit sowie der
körperlichen und geistigen Fitness. Den zunehmenden Altersbeschwerden versuchen wir durch die „Heilkraft der Bewegung und der Natur“ entgegenzuwirken.
Natürliche Bewegungen wie Laufen, Gehen, Wandern und einfache gymnastische
Übungen (Koordination, Kraft und Beweglichkeit) sind die Hauptelemente der
Trainingseinheiten.
Da sich die heutige Lebensweise – speziell die Berufstätigkeit – „hinter Glas und
vor Glas“ (Bildschirm) abspielt, nutzen wir bewusst die Natur mit den vielfältigen
Sinnes- und Klimareizen als kostenlosen Gesundheitsbonus. Das wöchentliche
Erleben der Natur im Wechsel der Jahreszeiten ist eine Erfahrung, die sicher zum
allgemeinen Wohlbefinden beiträgt.
Ernsthaftes Training muss sich auch den Fragen nach dem Trainingserfolg stellen.
Gelegentlich durchgeführte Fitnesstests (auch Sportabzeichenabnahmen) belegen
die Nachhaltigkeit der Trainingskonzeption. Der Fitnessbenefit ist allerdings nur
dann möglich, wenn man sich regelmäßig pro Woche mindestens 2- bis 3 Mal
körperlich belastet. Dazu ist zusätzlich Eigeninitiative gefordert. Dies ist kein Problem, da das gemeinsame Training viele Anregungen für selbstständiges Trainieren gibt.
Zusätzlich wird das Training durch ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm
ergänzt. Tageswanderungen, Bergwander- und Skilanglaufwochen dienen der aktiven Erholung, der Kommunikation und fördern die sozialen Beziehungen innerhalb
der Gruppe. Besonders die Wanderwochen im Sommer wie auch im Winter erfreuen sich großer Beliebtheit.
Auch die Geselligkeit wird nicht vernachlässigt. Anlässe für Feste, die ein gutes Gruppenklima festigen, gibt es immer wieder.
Nachdem wir in den vergangenen 10 Jahren des gemeinsamen Trainings viele
positiven Erfahrungen gesammelt haben, meinen wir, dass es Zeit ist, über die
Trainingskonzeption und die Erkenntnisse öffentlich zu sprechen. Wir wollen anderen Senioren sagen:
Ein ganzjähriges Fitnesstraining im Freien ist durchführbar, wenn auf das Alter
und die aktuelle Leistungsfähigkeit Rücksicht genommen wird.
Altersgemäße körperliche Aktivitäten orientieren sich an folgenden drei Kriterien:
- Selektion: Geeignete Sportarten und Übungen auswählen.
- Optimierung: Die Technik der ausgewählten Sportarten und Übung
immer wieder schulen. - Reduzierung: Auch beherrschte Sportarten und Übungen nur unter
moderaten Belastungen ausführen.
Wer sich nach diesen Kriterien richtet, reduziert weitgehend das Verletzungsrisiko
und erzielt trotzdem ein Optimum an Gesundheit, Fitness und Wohlbefinden.
Weitere Informationen hier »